Wir schnuppern Hofluft – WWOOFen mit Familie

Straßen schottern, Schafe melken, Käse räuchern – die erste Schnupper-Reise meiner Familie ins bäuerliche Leben war arbeits- und abwechslungsreich. Ein ausgezeichneter Start für eine Entdeckungstour, in der wir als Familie Landwirtschaft erleben wollen.

 

 

Ich suche mit meiner Familie schon seit geraumer Zeit nach einem kleinen „Bauernsacherl“ oder einer landwirtschaftlichen Fläche in unserer Umgebung. Etwas Geeignetes haben wir bis heute nicht gefunden, aber vor Kurzem haben wir uns gemeinsam die Frage gestellt, ob wir überhaupt für einen Schritt in die Landwirtschaft bereit wären. Was wissen wir eigentlich genau über den Alltag auf einem Bauernhof? Was über die tagtäglichen Arbeiten und Routinen? Wieviel von unserem Traum ist romantische Idylle, wieviel Knochenarbeit wartet auf uns in der Realität? Keiner von uns hatte eine Antwort darauf. Damit war klar: Wir mussten uns aufmachen und gemeinsam „Hofluft schnuppern“.

Die erste Hof-Schnupper-Tour führt uns an den Bauernhof der Familie Niels tief hinein in die Wiener Alpen nach Schwarzau im Gebirge. Dort bewirtschaftet die Niels seit über 30 Jahren einen abgeschiedenen, malerischen kleinen Biohof Reitersbichl. Immer den „Schafkäse“-Schildern folgend, erreichen wir ihn über eine kilometerlange Schotterstraße, die bei unserer Ankunft vom Gewitter am Vortag völlig ausgewaschen und mit tiefen Rinnen durchzogen und daher nicht leicht zu befahren ist. Das ist auch unsere erste Arbeit. Nach einem stärkenden Begrüßungsfrühstück bittet mich Judith, die neue Jungbäuerin am Hof, gemeinsam mit zwei Wwoofer-Helfern und meinem Sohn die Straße neu zu schottern. Eine schwere, kräftezehrende Arbeit, die uns fast den gesamten Vormittag beschäftigt. Meine Frau und die kleineren Kids übernehmen unterdessen einige Pflanz- und Aussaatarbeiten im Gewächshaus der Niels und helfen die Schafherde auf die Weide zu bringen. 46 Schafe und 14 Ziegen, sieben Hühner und einige Katzen, die sich auf etwa zehn Hektar Grünland tummeln. Die Familie lebt vor allem vom Verkauf von Wolle und vielerlei Milchprodukten.

Einige davon bekommen wir beim reichhaltigen Mittagessen aufgetischt. Die ganze Familie sitzt am Tisch und genießt ein gesundes Mahl mit beigestellten Schafkäsegupferl und geräucherten Schafkäs-Bällchen.

Am Nachmittag geht es dann aufs Feld zum Mähen. Während Judith mit dem Traktor die größeren Flächen abfährt, bearbeiten wir Männer die unbefahrbaren Hänge und Randbereiche mit Sensen. So gut es eben geht – denn der Sensencrashkurs ist kurz und aufs Wesentliche beschränkt. Aber nach einer Weile schaffen wir alle einen annehmbaren Schnitt.

Arbeitsreich ist es allemal auf dem Reitersbichlhof: Löcher für das Fundament des neuen Carports, Kontrollgänge nach dem Gewitter am Ufer der Schwarza, Schafkäse räuchern, Unkraut jäten im Gemüsegarten und natürlich Schafe und Ziegen melken – mit Melkmaschine und von Hand. Auch Käsen kann man bei Judith lernen, „das dauert aber dann schon ein bis zwei Wochen, um es wirklich zu beherrschen“, lacht sie.

Unsere erste Schnupper-Tour hat uns aber ein sehr umfassendes Bild der tagtäglichen Arbeit am Hof der Niels beschert. Genauso wie schöne Stunden in der Natur und lehrreiche Gespräche mit langjährigen Landwirtschaftsprofis. Zum Beispiel hat meiner Frau in der Gemüseaufzucht wohl noch nie so viel gelernt, wie beim Umsetzen der ausgeklügelten Aussaatpläne von Peter Niel, der seinen Gemüseanbau zu einer wahren Wissenschaft gemacht hat. Leider ist Peter seit einigen Wochen krankheitsbedingt an den Rollstuhl gefesselt, wodurch die Bauersfamilie nun eine herausfordernde Zeit bewältigt. Trotz der belasteten Situation aber ist der lebensfrohe Geist und die Freude an der bäuerlichen Arbeit am Hof der Niels spürbar. Jungbäuerin Judith freut sich dabei über jede Art von Hilfe; vor allem bei körperlich schwierigeren Arbeiten, gerne aber auch einfach zum Hofluft-Schnuppern. „Ganz besonders freuen wir uns über Wwoofer-Helfer, die nicht nur richtig anpacken, sondern auch alle sehr viel dazulernen wollen“, sagt Judith.

Für uns als Familie war die erste Hofluft-Schnuppertour eine sehr schöne und lehrreiche Zeit, erfüllt mit ganz unterschiedlichen und vielseitigen Arbeiten in und mit der Natur, die wir als Familie sehr genießen konnten und auch die Niels waren (denke ich) recht zufrieden mit unserem Einsatz. Am allerbesten aber erfüllte wohl meine kleine Tochter ihre „Spezialaufgabe“, nämlich „fünf kleine Babykatzen für ihre künftigen Besitzer zu zähmen“. Bei unserer Abfahrt ist die Trennung jedenfalls nicht leicht und die fünf kleinen Katzen hopsen ihr beinah bis ins Auto nach …

Weitere Infos

Autor: Alexander Kohl

Informationen zum Biohof Reitersbichl und den landwirtschaftlichen Produkten sowie Kontaktdaten der Familie Niel finden Sie hier:

https://www.bio-austria.at/biobauer/biohof-reitersbichl/

https://paradeisa.at/produzenten/familie-niel

https://www.greissler.plus/produkt-schlagwort/biohof-niel/

WWOOF Österreich

WWOOF ist eine weltweite friedliche Bewegung von Freiwilligen, die auf biologischen Höfen mithelfen und als Gastfreundschaft Kost und Logis bekommen. Mittlerweile haben gibt es rund 300 biologische Höfe in ganz Österreich im Netzwerk. Infos unter:

https://www.wwoof.at/index.php?route=common/page&id=